Datum : 01-02-2018
Niederlande/Tourismus
Amsterdam adé:
Keine Käse-Shops mehr – Führungen im Redlight-District tabu – Tourist-Bashing nimmt immer mehr zu: Amsterdam will den Touristen den Spaß in der Stadt verderben
Von HELMUT HETZEL
Amsterdam. Einst waren sie willkommen, denn sie brachten viel Geld in die Kasse der Kaufleute, Wirte, Hotels und Ladenbesitzer in Amsterdam: Die Touristen. Aber jetzt will die Stadt Amsterdam und wollen die Amsterdamer sie nicht mehr haben, die Touristen. Es sind einfach zu viele, die Jahr für Jahr, Monat für Monat, Tag für Tag nach Amsterdam reisen. Rund 20 Millionen sollen es in 2017 gewesen sein. Sie kommen, um sich hier in Amsterdam in den vielen Coffeeshops einen Joint reinzuziehen, um auf den weltberühmten ,,Wallen‘‘ im Rotlichtbezirk die vielen Mädchen hinter den rot beleuchteten Fenstern anzustarren oder die Damen aus dem horizontalen Gewerbe für einen kurzen sexuellen ,,Relax‘‘ aufzusuchen, oder um in einem ,,Cheese Shop‘‘ der ,,Cheese Company‘‘ ein Stück echten holländischen Gouda-Käse zu kaufen – 250 Gramm für 14,95 Euro, so der horrende Preis für Touristen in diesen speziellen Touristen-Läden. Es ist ein Preis, den ein auf jeden Euro-Cent achtender Niederländer für seinen Gouda nie und nimmer bezahlen würde.
Doch jetzt muss es Schluss sein mit den ,,Cheese Shops‘‘ für Touristen, mit den Führungen durch den weltberühmten Rotlichtbezirk, dem Red Light District. Nur die einheimischen Amsterdamer nennen den ältesten Stadtteil noch ,,de Wallen.‘‘ Aber ein Tourist versteht das natürlich nicht.
Rigoros geht die Stadt Amsterdam nun gegen die inzwischen unerwünschten und ständig wachsenden Touristenströme vor. Beispielsweise so: Das mieten von Airbnb-Wohnungen wurde auf 30 Tage pro Jahr begrenzt. Es dürfen keine neuen Hotels gebaut werden, illegale Pensionen werden geschlossen. Selbst der Auto- und Fahrrad-Verleih in der Innenstadt wird beschränkt.
In der Amsterdamer Innenstadt – Postleitzahlgebiet 1012 – dürfen nun keine ,,Cheese Shops‘‘ oder ,,Nutella-Läden,‘‘ wo Honigwaffeln oder Porzellan aus Delft und andere Souvenirs verkauft werden, neu eröffnet werden. Aus basta. Denn diese Souvenir-Läden machen Amsterdam nach Meinung der Stadtverwaltung ,,nicht mehr lebenswert‘‘ für die Einheimischen, die sich wie in einem Zoo oder einem Museum fühlten, weil sie ständig von den Touristen angegafft würden so wie die leicht bekleideten Damen im Rotlichtbezirk.
Auch die sollen, wenn es nach der Stadtverwaltung von Amsterdam geht, nun vor den neugierigen Blicken der Touristen geschützt werden. Führungen durch den Red Light District müssen fortan bei der Stadtverwaltung angemeldet werden, wenn mehr als fünf Menschen in Begleitung eines Guide über die erotischen Grachtenstraßen der Amsterdamer Hauptstadt schlendern wollen. Die Meldepflicht gilt ab April. Fotografieren im Redlight District ist ohnehin längst verboten.
Aber es kommt noch dicker. Allen Ernstes will die Amsterdamer Stadtverwaltung den Touristen jetzt vorschreiben, dass sie, wenn sie unter Begleitung eines Stadtführers durch die Grachten schlendern, sich nur noch mit dem Rücken zu den rot beleuchteten Fenstern hinter denen die Damen aus dem Gewerbe ihren Körper anbieten, stellen dürfen. Touristen müssen auf Vorschrift der Stadt Amsterdam nun den Prostituierten im Rotlichtviertel den Rücken zukehren. Das ist die neueste Form des Amsterdamer ,,Touristen-Bashings.‘‘ Nach 23 Uhr dürfen ab April überhaupt keine touristischen Rundgänge unter Führung eines Guide im Rotlichtviertel mehr stattfinden.
Ironie des Ganzen: Gleichzeitig aber betont die Stadt Amsterdam in der nun bekannt gewordenen neuesten Anti-Touristen-Aktion: ,,Wir sind und bleiben eine tolerante und offene Stadt.‘‘ Das war einmal. Das ist Amsterdam schon lange nicht mehr. Die Stadt ist auch keine Reise mehr wert, weil man dort nicht willkommen ist. Wegbleiben also.
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